Kanal-Tunnel-Bohrung in Wien: Trotzte Hochwasser auf Kurs

Tunnel-bohrung

Präzisionsarbeit unter Extrembedingungen

Für den neuen Regenwasserkanal unter dem Liesingbach hat „Marlies“, die Tunnelbohrmaschine von Wien Kanal, nach acht Tagen ihr Ziel erreicht. 132 Stunden hat sie für die 100 Meter lange Strecke gegraben. Unterbrochen wurden die Arbeiten allerdings vom Hochwasser.

Erwartungsgemäß stellten die beiden Hochspannungsleitungen im Abstand von nur 25 Zentimetern eine besondere Herausforderung dar. Auf den Jahrhundertregen vom 13. bis 16. September waren die Tunnelbauer:innen sehr gut vorbereitet. Bereits vor dem Baustart entwickelte man Notfallpläne für ein Hochwasser im Liesingbach. Notwendige Geräte und Abdichtungsmaterialien wurden am Startschacht für den erwarteten Ernstfall bereitgehalten.

Mit Erreichen des Alarmpegels im Liesingbach wurden die Vortriebsarbeiten am Samstag, den 14.09.2024, um 18 Uhr aufgrund der akuten Hochwassersituation gestoppt. Sofort wurde die Baustelle abgesichert und ein wasserdichter Verschluss der Tunnelröhre errichtet. Damit wurde die Bohrmaschine vorerst geschützt. Doch das Wasser im Liesingbach stieg weiter.

Kein großer Schaden: Trotz Hochwassers verlief die Kanal-Tunnel-Bohrung unter der Triester Straße erfolgreich. Fotos: Wien Kanal/Ivan Bandic

Am Sonntag, den 15.09.2024, um 3 Uhr nachts wurde die Startgrube kontrolliert geflutet. Der Startschacht und der 83 Meter lange bereits gebohrte Tunnel mit der eingeschlossenen Maschine mussten jetzt einer Wassersäule von 7,5 Metern standhalten. Durch die kontrollierte Flutung wurden Schäden an der Startgrube, dem Tunnel und der Vortriebsmaschine verhindert. Mit nachlassendem Regen konnte die Baustelle bereits am Montag, den 16.09.2024 trockengelegt werden, um am Tag darauf die Bohrarbeiten wieder aufzunehmen. Für die letzten 24 Meter bis zur Endstelle des Tunnels benötigte das Bohr-Team noch 33 Stunden.

Großprojekt bis 2027: Renaturierung Liesingbach und neuer Kanal

Mit insgesamt 30 Kilometer ist der Liesingbach der längste Wienerwaldbach. Bis 2027 wird das Gewässer von der MA45 auf einer Länge von 9 Kilometer naturnahe rückgebaut. Als Vorleistung errichtet Wien Kanal dazu einen 9 Kilometer langen Regenwasserkanal, wovon 5,5 Kilometer direkt unter dem Bachbett verlaufen. Für den Betrieb und die Wartung werden entlang der Strecke 16 Trennbauwerke, 7 Abfallschächte und 29 Putzschächte errichtet.

Die Regenwasserkanäle, die bisher alle in die Liesing mündeten, werden an den neuen Kanal angeschlossen. Bei Regen kann so der erste Schwall mit verunreinigtem Regenwasser von den umliegenden Verkehrsflächen im neuen Kanal abgefangen und zur Reinigung in die Kläranlage nach Simmering geleitet werden. Auch Störfälle, bei denen gefährliche Stoffe über die Regenwasserkanalisation in den Bach gelangen könnten, sichert der neue Kanal zukünftig ab. Das verbessert die Wasserqualität.

Besonders umweltschonend: Die alten Pflastersteine werden vor Ort zerkleinert und in die Sohle des Liesingbaches eingebracht. Dieses Recycling ersetzt den aufwendigen Abtransport der Steine und die damit verbundenen LKW-Fahrten.

Investition in den Hochwasser-, Gewässer- und Klimaschutz

Die Gesamtkosten des Großprojekts inklusive Baus des Speicherbeckens Gelbe Haide belaufen sich auf circa 83 Millionen. Der Anteil der Stadt Wien für das Gesamtprojekt beträgt circa 65 Millionen Euro. Das gesamte Projekt wird durch das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft mit rund 18 Mio. Euro gefördert.

Infocenter B.A.C.H.L in der Gutheil-Schoder-Gasse

Das Infocenter B.A.C.H.L zeigt interessante Details zum Großprojekt. Die Mitarbeiter*innen der Abteilung Wiener Gewässer und Wien Kanal halten Sie jeden ersten Freitag im Monat von 14 bis 18 Uhr über den Fortschritt der Renaturierungsarbeiten am Laufenden. Das Infocenter befindet sich im 23. Bezirk in der Gutheil-Schoder-Gasse 19.

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