Ein Renault Trucks E-Tech D Wide, aufgebaut mit Dreiseitenkipper und Heckkran, absolvierte Anfang Juli erste Praxiseinsätze bei heimischen Transportunternehmen. Die dabei gesammelten Erkenntnisse und Ergebnisse können sich durch die Bank sehen lassen.
Auf Arbeitssuche in Österreich
Seine Mission war eindeutig: Er sollte die Praxistauglichkeit eines Elektro-Lkw auch bei Einsätzen am Bau unter Beweis stellen. Der Weg dorthin führte den aus der Demoflotte von Renault Trucks in Frankreich stammenden Renault Trucks E-Tech D Wide Anfang Juli über drei Tage ins echten Baustellenleben bei heimischen Transportunternehmen. Dabei standen alle nur erdenklichen Einsätze auf dem Programm, von stationären Kranarbeiten bis hin zu Transporten von Aushubmaterialien.
In guter Erinnerung
Eine interessante Mischung aus subjektiven Fahreindrücken und objektiven Zahlen hat der niederösterreichische Transportunternehmer Andreas Kittinger nach den Probefahrten mit dem Renault Trucks E-Tech D Wide parat. „In kurzen Worten umrissen sind wir eingestiegen, gefahren und haben den Dreiachser in wirklich guter Erinnerung.“ Sehr entgegen kommt der Reichweite des Elektro-Lkw dabei das Einsatzgebiet des in Günselsdorf (Bezirk Baden) beheimateten Unternehmens.
„Wir bewegen uns in einem Umkreis von etwa 30 km rund um unseren Standort“, erklärt der Firmenchef. Pro Einsatztag stehen ungefähr 200 km Fahrtstrecke, sowie drei bis fünf Stunden Kranarbeit am Programm. In diesem Umfeld hat sich der Renault Trucks E-Tech D Wide ausgesprochen wacker geschlagen. „Wir haben das Fahrzeug voll geladen mit einer Reichweite von 250 km übernommen. Nach einer Fahrstrecke von 160 km lag der Ladestand der Fahrzeugbatterien immer noch bei 41 Prozent“, erinnert sich Andreas Kittinger.
Wofür er sich jetzt genauer interessiert, sind die kaufmännischen Rahmenbedingungen. „Solange Elektro-Lkw deutlich teurer als ihre konventionell betriebenen Gegenstücke sind, ist meiner Meinung nach auch die öffentliche Hand gefragt, um mit attraktiven Fördermodellen die Zahl der vollkommen emissionsfrei arbeitenden Nutzfahrzeuge auf den heimischen Straßen weiter nach oben zu schrauben.“
Stationäre Stromversorgung gefragt
Von der Alltagstauglichkeit des Renault Trucks E-Tech D Wide ausgesprochen angetan, zeigt man sich auch bei der Hierzmann Transporte GmbH aus Premstätten in der Steiermark. „Wir haben den Dreiachser einen Nachmittag lang bei Kranarbeiten auf einer Baustelle in Graz eingesetzt“, erzählt Fuhrparkleiter Markus Kaltenegger. Speziell in Ballungsräumen hat ein elektrisch betriebener und damit nahezu geräuschlos arbeitender Baustellen-Lkw für ihn enormes Potential. „Je größer der verbaute Kran ist, umso häufiger bleibt der Lkw stationär auf der Baustelle“, erklärt Kaltenegger.
Sein Wunsch für ein dabei möglichst emissionsfreies Arbeitsumfeld: eine leistungsstarke Stromversorgung vor Ort, mit der der elektrische Kran-Lkw während des Einsatzes direkt aus dem Netz gespeist werden kann. Mögliche Diskussionen über Reichweiten oder Kapazitäten der Fahrzeugbatterien wären so mit einem Schlag hinfällig. Das Interesse an Alternativen zum klassischen Verbrennungsmotor ist bei der Hierzmann Transporte GmbH schon seit langem vorhanden. Im Pkw- und Transporterbereich sind Elektrofahrzeuge seit mittlerweile acht Jahren im Vormarsch. „Hier sind wir gerade dabei, die letzten Modelle mit Verbrennungsmotor durch Elektrofahrzeuge auszutauschen“, sagt Markus Kaltenegger. Im Lkw-Bereich hat man vor mittlerweile zehn Jahren erste Erfahrungen mit dem Prototypen eines Hybridkranes gesammelt.
In den Startlöchern
Der Zeitplan steht. Bis 2025 möchte Robert Lenardin, Geschäftsführer der L & R Transporte und Erdbau GmbH aus Blumau-Neurißhof in Niederösterreich den ersten eigenen Elektro-Lkw im Alltagsbetrieb einsetzen. „Die Probefahrten mit dem Renault Trucks E-Tech D Wide kamen für uns gerade zum richtigen Zeitpunkt“, freut sich der Unternehmer. Seine Erkenntnisse aus den ersten Einsätzen, bei denen der Elektro-Lkw Aushubmaterial vom Firmenstandort auf eine Deponie gebracht hat: Das Gesamtpaket passt, der Dreiachser fährt sich angenehm leise. Für die Transporte, die er mit einem Elektro-Lkw durchführen möchte, braucht es allerdings noch etwas mehr Reichweite.
„Wir wollen mit einem vollelektrischen Kippsattelzug mit einem Gesamtgewicht von 40 Tonnen einen umweltfreundlichen Rundlauf mit 400 km fahren“, verrät Lenardin. Im Vorfeld ist bereits jetzt am Standort des Unternehmens eine Photovoltaikanlage im Entstehen. „Sobald sich die erste Sattelzugmaschine bei diesen Transporten bewährt hat, ist der Elektromobilität bei uns Tür und Tor geöffnet.“ Um dabei den selbst erzeugten Strom noch effizienter nutzen zu können, soll die Photovoltaikanlage auch um großzügig dimensionierte Batteriespeicher ergänzt werden.
Die wichtigsten Fakten zum Renault Trucks E-Tech D Wide
Reichweite: bis zu 315 km
Batterie: Lithium-Ionen
Batteriekapazität: 200 bis 375 kWh
Ladegeschwindigkeit: bei DC Ladung mit 150 kW 110 min
Radstand: von 3.800 bis 6.800 mm
Zulässiges Gesamtgewicht: von 19 bis 26 t
Maximales Drehmoment: 850 Nm
Dauerleistung: 260 kW (350 PS)