Preisentwicklung durch Krieg, Krise & Co

DI Martin Schörkhuber (Fachgruppenobmann der Gerichts-Sachverständigen OÖ/ Sbg. Bauwesen; außerdem Gechäftsführer von „Sterkl, Schörkhuber und Partner“) nahm die Situation zum Anlass und lud am 30. Mai 2022 die Branche zur Podiumsdiskussion rund um das Thema „Preisentwicklung am Bau“: Wie haben die verschiedenen Krisen die Preise beeinflusst, wo stehen wir jetzt – und wo geht die Reise hin? Kommt der große Crash oder entspannt sich die Lage? Lesen Sie hier eine Zusammenfassung der wichtigsten Ein- und Ausblicke.

DI Schörkhuber beschreibt die derzeitige Situation: Der Baupreisindex als Marker für die Entwicklung am Markt zeigt folgende Werte:
– In den Jahren 2010-2015 gab es Steigerungen von ca. 12% in 5 Jahren.
– Von 2015-2020 gab es Steigerungen von ca. 16% in 5 Jahren.
– 2021 betrugen die Steigerungen plötzlich ca. 12% in einem Jahr.
– Für 2022 gibt es noch keine genauen Werte. Schätzungen belaufen sich auf bis zu 25%.
– Der Großhandelspreis Stahl hat sich in kurzer Zeit mehr als verdoppelt.
– Gewisse seltene Baumaterialien, z.B. Chips für Klimageräte, werden sogar „versteigert“ und erreichen somit mehr als den 10-fachen Preis im Vergleich zum Normal-Preis.
– Insbesondere private Kunden erhalten für technische Anlagen zwar Liefertermine in mehreren Monaten genannt, sie erhalten dazu aber keine Fixpreise, sondern lediglich die Aussage, dass der dann in Rechnung gestellte Betrag zu bezahlen ist.


Arch. DI Olivia Schimek-Hickisch (Schimek ZT GmbH) betonte: „Das Zukunftsziel muss eine grüne, nachhaltige Bauwirtschaft sein. Die Preise sind in den letzten Jahren rasant und teilweise sprunghaft gestiegen. Nach Corona hatte sich die Lage wieder eingependelt – bis uns der Ukrainekrieg den nächsten Schock versetzt hat. Momentan ist die Zukunft im Vergleich zur Pandemie wesentlicher schwieriger zu beurteilen. Marktprägende Faktoren wie Energie, Verfügbarkeit u. a. sind keine temporäre Erscheinung. Alles, was den Preis zusammensetzt, ist langfristig angefacht.

Vielfach wird davon ausgegangen, dass der Crash bereits diesen Sommer kommt, weil der Markt sich durch viele Projektstopps ausdünnt, die Unternehmen Aufträge benötigen und die Baustoffindustrie durch geringere Abnahme zu Preisnachlässen gezwungen ist. Dem gegenüber steht ein zweites Szenario vom Crash im Frühling 2023. Wir raten unseren Auftraggebern, nicht zuzuwarten, weil die Faktoren nicht auf Entspannung deuten.

Mein Wunsch und Lösungsansatz für die Zukunft: eine nachhaltige Bauwirtschaft. Der Trend wird sicher dorthin gehen, der Markt sich in diese Richtung orientieren. Wir werden alle aus diesem Schock lernen und gemeinsam an Maßnahmen arbeiten.“

Bmstr. Ing. Martin Humer (GF Baumeister Humer GmbH u. ABAU OÖ GmbH, Stv. Landesinnungsmeister Baugewerbe): „Wenn es ein Gasproblem gibt, sehe ich den Crash kommen. Auch wir haben als Ausführende mit enormen Preisentwicklungen zu kämpfen, vor allem im Materialsektor. Im Wesentlichen ist dies auf drei Punkte zurückzuführen: Gab es sonst nur einmal im Jahr kleinere Preiserhöhungen, wurden die Baustoffe durch die Pandemie 2021 um 50-100% teurer. Die zweite Welle kam mit dem Ukraine-Krieg, wodurch die Energiekosten explodiert sind. Der dritte Punkt sind Trittbrettfahrer beziehungsweise wurden die Preise von der Industrie teilweise überproportional angehoben. Momentan sind sowohl die Preissituation als auch die Beschaffungssituation sehr fordernd. Es ist auch nicht möglich, dem Kunden seriöse Fixpreise anzubieten, die er sich klarerweise erwartet.

Eine große Unsicherheit ist natürlich der Gasverbrauch, speziell im Neubaubereich benötigen Zement und Ziegel sehr große Gasmengen. Käme es zu erheblichen Einschränkungen oder gar einem Lieferstopp, dann ist ein Crash möglich. Bleibt die Gasversorgung konstant, denke ich, dass wir uns auf hohem Niveau bei den Materialpreisen seitwärts bewegen.

Bis jetzt wurden noch keine Projekte storniert, aber teilweise verkleinert. Auch wir geben Kunden den Rat, nicht zu warten. Die Wahrscheinlichkeit, dass nächstes Jahr günstiger gebaut wird, ist nicht sehr hoch.“


Bmstr. Ing. Horst Irsiegler, MSc (GF der WAG Wohnungsanlagen GmbH/EBS Wohnungsgesellschaft mbH Linz/KALLCO Beteiligungs GmbH): „Insbesondere Sanierungen sind zu einer großen Herausforderung geworden. Aus unserer Sicht waren die letzten zwei Jahre sehr spannend. Wir unterscheiden zwischen Neubau- und Sanierungsprojekten, da wir hier die unterschiedlichsten Erfahrungen in Bezug auf Preisänderungen gemacht haben. Im Bereich Sanierung hat uns 2021 die Preisspirale wirklich geschockt, einige Sanierungsprojekte mussten wir zurückstellen. Bei Neubauten gab es hingegen keine größeren Probleme, was sich 2022 aber geändert hat.

Heuer stehen wir bei den Sanierungen vor der Herausforderung, einerseits Energie sparen zu müssen, auf der anderen Seite galoppieren die Preise davon. Wir betrachten daher jedes einzelne Objekt ganz genau und warten teilweise ab.

Auch aus unserer Sicht muss es grüner werden. Wir gehen hier neue Wege und möchten bei unseren Neubauten die benötigte thermische Energie selbst produzieren. Die Kreislaufwirtschaft wird ebenfalls zum Thema – weniger Neubauten, stattdessen Erhaltungswürdiges erhalten und weiterentwickeln.“


Mag. Robert Grieshofer (GF der C. Bergmann KG): „Vorsichtiger Optimismus – wenn es zu keinen dramatischen Ereignissen kommt. Bis 2020 waren wir in der komfortablen Situation, dass es maximal Preiserhöhungen im unteren einstelligen Bereich gegeben hat, wenn überhaupt. Corona hat die Märkte verändert. Die Rohstoffpreise sind deutlich gestiegen und anstatt Baumaterialien zu verkaufen, haben wir diese organisiert, um Kunden die Fortsetzung ihrer Bauprojekte zu ermöglichen.

Die Situation hatte sich gerade etwas beruhigt, dann ist leider der Krieg dazugekommen. Jetzt sind ganz neue Produktgruppen von Preissteigerungen betroffen, oftmals im Wochentakt, und es kommt zu Lieferabrissen aus dem russischen/ukrainischen Raum. Aktuell verzeichnen wir noch kein Abflachen der Nachfrage und rechnen zumindest bis Ende des Sommers mit einer stabilen Entwicklung. Alles, was darüber hinausgeht, ist ein Blick in eine sehr trübe Glaskugel. Ich erwarte aber keine großen Preissteigerungen mehr und auch die Verfügbarkeiten haben sich bereits deutlich verbessert.“

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